Choralschola

Gregorianischer Choral in Garmisch

_mg_3268

Schon in den frühen Jahrhunderten der Kirche und des Mönchtums bestimmte das gesungene Gebet die Liturgie in den Klöstern und Bischofskirchen des Abendlandes. Das Ringen um das rechte Verhältnis zwischen Wort und Musik, die nur Dienerin des Wortes sein sollte, bestimmte die Entwicklung immer neuer Formen des liturgischen Gesangs in Spätantike und Frühmittelalter. Den Höhepunkt dieser Entwicklung und gleichzeitig den Beginn der abendländischen Musikgeschichte markiert der Gregorianische Choral des 8. und frühen 9. Jahrhunderts. Musik diente nicht der Unterhaltung, sondern offenbarte einen Teil der göttlichen Schöpfung: Im Gregorianischen Choral wurde das gesungene Wort zum vollkommenen Gotteslob.
Papst Gregor der Große († 604) habe die Gesänge direkt aus dem Mund des Heiligen Geistes empfangen, hieß es zu Beginn des 9. Jahrhunderts: Seither ist der einstimmige, unbegleitete liturgische Gesang der abendländischen Kirche in lateinischer Sprache untrennbar mit seinem Namen verbunden. Das authentische Repertoire des Gregorianischen Chorals entstand indes erst zwischen 754 und 810/20. In den großen geistigen Zentren des Frankenreiches schufen Mönche und Kleriker neue Melodien oder formten bereits bestehende Gesänge um. 150 Jahre lang wurden diese nur mündlich tradiert. Im frühen 10. Jahrhundert erfolgte eine erste Verschriftlichung der überlieferten Choräle in St. Gallen und Laon. Fürchtete man um die Reinheit der, wie man glaubte, vom Heiligen Geist inspirierten Gesänge? Kleine Zeichen, Neumen („Winke“), die sorgfältig über die Wortsilben der zu singenden Texte geschrieben wurden, gaben dem Cantor Hinweise zur Wiedergabe der Choräle in all ihren rhythmisch-melodischen Nuancen.
Mit der Einführung von Notenlinien, Notenschrift und Mehrstimmigkeit wandelte sich auch der authentische Gregorianische Choral immer mehr. Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert wagte man, ausgehend vom französischen Kloster Solesmes, erste zaghafte Versuche zur Rekonstruktion der frühmittelalterlichen Gesänge. Mit der Deutung der Neumen indes wusste man lange Zeit nichts anzufangen, bis die Gregorianische Semiologie („Neumenkunde“) im 20. Jahrhundert anhand des Studiums der alten Handschriften auf wissenschaftlicher Basis neue „alte“ Wege zur Interpretation der Choräle eröffnete. Erst die Kenntnis um die rhythmisch-melodische Bedeutung, die die Neumen für die einzelnen Wortsilben haben, vermag aufzuzeigen, mit welcher Tiefe die liturgischen Texte ausgedeutet und vertont wurden, und den gesungenen Gebeten ihre alte Vollkommenheit zurückzugeben.Die Schola Gregoriana Germareskauuensis bemüht sich daher seit Jahren um eine Interpretation der Gesänge auf dem aktuellen Stand der Semiologie. Leiter Josef Schwarzenböck und die Scholaren bilden sich dazu regelmäßig auf internationalen Fachtagungen und -kursen fort. Die Schola ist Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Studien des Gregorianischen Chorals (AISCGre).

Die Scholaren

Eva Güntsch
Andrea Kneißl
Josef Kneißl
Alexandra Lenzen
Peter Ries
Josef Schwarzenböck (Leitung)
Rupert Sebald
Dr. phil. Dominik Šedivý

img_7979

Johann Speth (1664 bis nach 1719): Magnificat Primi Toni in Alternatimpraxis,
Martinsantiphon und Magnificatverse: Schola Gregoriana Germareskauuensis

https://pv-z

Leitung und Orgel: Josef Schwarzenböck

zugspitze.de/st-martin-garmisch-2/